Böckeler gibt an, die Orgel sei 1865 von Kalscheuer mit 2 Manualen und 30 Registern erbaut worden.
Die Orgel wurde nach einem Dispositionsvorschlag des Brühler Seminarlehrers
Toepler gebaut und von diesem auch abgenommen
(PfA Bliesheim, Orgelakte).
Das Abnahmegutachten gibt Auskunft über die Disposition der für Kalscheuers
Verhältnisse recht großen Orgel:
Principal 8’ Prospekt, einige Diskantpfeifen innen, Zinn
Cornett 4’ hochgebänkt, ab g0 3fach, ab c1 4fach
Bordun 16’ zwei Oktaven Holz, Rest Metall
Hohlflaut 8’ sieben tiefe Pfeifen mit Gedackt gemeinsam, G-g0 Holz offen, Rest Metall
Gedackt 8’ geteilt bei fs0/g0, tiefe Oktave Holz
Gamba 8’ Metall
Octav 4’
Rohrflaut 4’
Quint 22/3’ tiefe Oktave gedackt
Mixtur 2’ tiefe Oktave 3fach, Fortsetzung 4fach
Trompet 8’
Positiv:
Principal 4’
Salicional 8’ „hat bis zum kleinen fis hölzerne, gedeckte Pfeifen, mit zinnernen Oberlabien“
Gedackt 8’ wie im Hauptwerk, aber von engerer Mensur
Flauttraver 8’ ab g0, Birnbaum, obere Oktave Metall
Fernflöte 8’ ab c0, Metall, C-H gemeinsam mit Gedackt
Flautdolce 4’ Metall, tiefe Oktave gedeckt
Quinte 22/3’ ab c0, konisch
Octav 2’
Pedal (C-c1):
Subbaß 16’ Holz
Principal 16’ Holz
Violon 8’ Metall
Octavbaß 8’ Holz
Posaun 16’ Holz, die sieben höchsten Pfeifen lieferte Kalscheuer auf eigene Kosten in Metall
Trompet 8’ Metall
Claron 4’ Metall
Manual-, Pedal- und Pedaloktavkoppel
Toepler bestätigt die gewissenhafte Ausführung und gute
handwerkliche Qualität, fordert allerdings eine andere Zusammensetzung der
Mixtur im Diskant und etliche Nachbesserungen in der Intonation. Während die
Intonationsmängel sich in den Manualregistern auf einzelne Töne beschränken, die
zu laut sind oder zu spät ansprechen, sind die Beanstandungen in den
Pedalzungen, namentlich in der Posaune erheblich. Ob die Korrekturen
durchgeführt wurden, ist nicht ersichtlich.
1911 liefert Klais ein elektrisches Gebläse. Schon 1909 unterbreitet Klais ein Angebot zum Umbau der Orgel, das aber wohl nicht zur Ausführung kam.
Einen durchgreifenden Umbau führt um 1935 Josef Breuer aus Zülpich durch. Er teilt den Prospekt in zwei Hälften und fügt ein neues Mittelfeld hinzu. Der Prospekt erstreckt sich über die ganze Breite der Orgelempore und ist in der Wirkung monumental. Ganz im Gegensatz zum optischen Eindruck verkleinert Breuer die Orgel auf 18 Register auf pneumatischer Kegellade.
Weitere Umbauten finden nach dem 2. Weltkrieg durch Helmut Seifert/Köln statt. Dabei wirde die Traktur elektrifiziert und die Disposition im neobarocken Sinne umgestaltet. Letztlich befriedigt das Instrument aber nicht. Der Kölner Organist und Orgelexperte Clemens Reuter stellt 1980 Mängel der Stimmung und der Windversorgung fest.
Ein Gutachten des Kölner Domorganisten Prof. Josef Zimmermann belegt, dass 1983 immerhin noch die Register Principal 8’, Bordun 16’, Liebl. Gedackt 8’ Octave 4’, Quinte 22/3’ und Fernflöte 4’[!] alt, von weiter Mensur und stark bleihaltig waren.
In der Folgezeit arbeitet Weyland/Leverkusen mehrfach an dem Instrument, zuletzt wirde 1995 das komplette Pfeifenwerk der Manuale ausgetauscht, die störanfällige elektrische Traktur allerdings beibehalten. Damit dürften auch die letzten Kalscheuer-Pfeifen beseitigt worden sein.
Quellen:
Wilberg, Axel: Die Arbeiten der Gebr. Kalscheuer aus Nörvenich im Kontext des rheinischen Orgelbaus im 19. Jahrhundert. Diplomarbeit. Augsburg 2003
Böckeler, Heinrich: Die neue Orgel im Kurhaussaale zu Aachen. Aachen: Jacobi 1876
ferner:
Frank Müller, Organist
Pfarrarchiv St. Lambertus Bliesheim